Liquidieren

2020
Video
POCHEN Biennale 2020, Wirkbau Chemnitz
Die Treuhandanstalt – Preis der Zukunft
Video 23:30 min, s/w, HD Video, Loop

MDR artour 29.10.2020

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POCHEN Biennale 2020, Wirkbau Chemnitz
Die Treuhandanstalt – Preis der Zukunft
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POCHEN Biennale 2020, Wirkbau Chemnitz
Die Treuhandanstalt – Preis der Zukunft
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Liquidieren

 

Bei der Suche nach Informationen über das ehemalige Industriegelände „Wirkbau“ findet sich schnell der Eintrag: Wirkmaschinenbau Karl-Marx-Stadt, überführt in Wirkbau Chemnitz GmbH, 1994 liquidiert. Das schwache Verb liquidieren wird in der Wirtschaft für die Auflösung von Unternehmen verwendet. Die Liste der durch die Treuhandanstalt zwischen 1990-94 liquidierten Volkseigenen Betriebe und Immobilien füllt viele Seiten. Die Akten dazu sind noch bis 2050 unter Verschluss.

 

Die hier erstellte Wörterliste enthält 313 Synonyme für liquidieren. Die Begriffe für töten, hinrichten oder umbringen wurden entfernt. Anhand der eingeblendeten Worte, könnte jede ihre eigene Geschichte erzählen, sich an Situationen erinnern oder Position beziehen. Eignen sich die Wörter dazu, um die Erfahrungen zu benennen? Der gesamte Vorgang, der Treuhandanstalt „ist nicht zu fassen“.

 

An dem Tag der Währungsunion, am 1.7.1990, wurden die DDR-Betriebe durch die Umstellung auf die „Devisenwährung“ D-Mark zahlungsunfähig. Anfang Juli, am Montag, kam dann auch die Treuhand: denn es galt etwa 50.000 Immobilien, 10.000 Firmen, 25.000 Kleinbetriebe in kürzester Zeit zu verramschen, zu verschachern, zu verscheuern, zu verscherbeln, zu verhökern,… abzuwickeln, aufzulösen, zu schließen, stillzulegen, dichtzumachen. Weg mit dem Salat. Die Privatisierung des Staatseigentums der DDR war eine Umverteilung in historischem Ausmaß.

 

Ute Richter

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Freie Presse Chemnitz vom 22.10.2020

Reizthema Treuhand als Kunstgegenstand

Mit dem Wirken der Behörde und den Auswirkungen ihrer Arbeit beschäftigt sich das Kunstfestival Pochen in Chemnitz

Von Benjamin Lummer

 

Verscherbeln. Auflösen. Über die Klinge springen lassen. Das Kapital aufzehren. Sich entledigen. Diese fünf und weitere 308 Begriffe und Redewendungen dieser Art hat die Leipziger Künstlerin Ute Richter gesammelt und lässt sie einzeln und nacheinander auf einem Bildschirm erscheinen. Sie alle haben aus ihrer Sicht eines gemeinsam: Sie sind Synonyme oder stehen sinnbildlich für liquidieren. Das wiederum war eine der Vorgehensweisen der Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums - kurz: Treuhand. Sie ist zentraler Gegenstand der zweiten Auflage des Kunstfestivals Pochen, das am heutigen Donnerstag für Besucher öffnet.
Die Treuhand wurde am 31. März 1990 gegründet. Ihre Aufgabe war es, die Volkseigenen Betriebe (VEB) der DDR zu privatisieren, um so deren Überleben zu sichern. Ihr unterstanden 12.000 Betriebe, von denen sie bis 1994 fast zwei Drittel privatisierte. Nahezu alle anderen wurden aufgelöst - liquidiert. Mehr als 2,5 Millionen Menschen verloren dabei ihren Job. Viele Fabriken schlossen von jetzt auf gleich. "In den Büros und Werkstätten sah es aus, als wären die Mitarbeiter einfach mit einem Mal weg gewesen", sagt Benjamin Gruner, der in Glauchau aufgewachsen ist und als Kind durch die leeren Fabriken streifte. "Wie haben das die Leute erlebt?", fragt sich der Pochen-Initiator. Welche Spuren haben diese tiefgreifenden Transformationsprozesse in der Gesellschaft hinterlassen?
Diese Fragen stellen Gruner und seine Mitstreiter vom Pochen-Team ins Zentrum des diesjährigen Festivals, das unter dem Titel "Preis der Zukunft" steht. Es gehe ihnen nicht darum, die Arbeit der Treuhand detailgenau abzubilden, sondern mit Kunst zu Diskussionen über das Wirken der Behörde anzuregen, erklärt der 31-Jährige. "Wir möchten reflektieren und die Leute einladen, untereinander und mit uns in den Dialog zu treten." 24 Künstler, Künstlerinnen und Gruppen aus Deutschland und anderen europäischen Ländern haben Werke zur Verfügung gestellt. Einige, wie das Video "Liquidieren" von Ute Richter, spielen mit der Sprache, mit Losungen und Kampagnen der Treuhandzeit. Andere, wie Andreas Siekmann in "Faustpfand, Treuhand und die unsichtbare dritte Hand", arbeiten die dahinterliegenden ökonomischen Prozesse künstlerisch auf. So erzählt Siekmann in Piktogrammen, die auf 21 Plakaten dargestellt sind, die Treuhand-Geschichte nach. Wesentlichen Raum nehmen aber auch zusammengebastelte, grotesk anmutende Maschinen ein, die in ihrer ständigen Betriebsamkeit Sinnhaftigkeit und Fortschritt versprechen, tatsächlich aber Nonsens sind.
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