Pausenhof
Nach klassischem Verständnis findet das Kunstwerk erst im Moment der Rezeption seine gesellschaftliche Vollendung. In "Pausenhof" verschiebt sich die Schwelle dieser Rezeption. Durch die minimale Veränderung einer alltäglichen Handlung prägen die Schüler das Bild ihres vertrauten Lebensumfeldes neu. Die Schultaschen landen nicht, wie sonst üblich, mit einem Schwung in der Ecke, sondern werden dieses eine Mal gezielt am Boden platziert. Das kurzzeitig veränderte Bild des Schulhofes bleibt in der Erinnerung zurück und wird Teil der Biografie dieses Ortes.
Die Kinder folgen der Handlungsanweisung mit der Frage: "Madame! à quoi ça sert?" – was soll das, wozu ist das gut?
Ute Richter
Ute Richter lotet wiederholt Selbstverständnis und Rolle der KünstlerIn und ihr Verhältnis zum Publikum ausserhalb des Ausstellungsraumes und der Institution aus. Welchen Raum hat die künstlerische Gestaltung erobert, wenn sie in gesellschaftliche Zusammenhänge und Alltag eingreift? Die einfache Anweisung an SchülerInnen in Frankreich, ihre Schulranzen nicht ungeordnet, sondern nach einem markierten Rastersystem auf dem Schulhof abzulegen, stellte diese Frage auf unspektakuläre Art und Weise – und auch die, welcher Art von Ästhetik man jenseits des Ausstellungsraumes antrifft und wie man dieser begegnet.
Christiane Mennicke-Schwarz, 2000